Franzosenkreuz

Unweit unseres Dorfes in Richtung Meiler steht am Waldesrand ein altes Steinkreuz.
Die Sage berichtet dazu:

Als am Anfang des 19. Jahrhunderts französische Heere plündernd  die hiesige Gegend durchzogen, blieb das kleine Walddorf Meusebach  verschont. Einer Sage nach hielten sich die Meusebacher die Franzosen mit einer List fern. Sie verwandelten den ohnehin nicht sehr kenntlichen Weg ins Dorf in ein undurchdringliches Dickicht, indem sie ihn mit gefällten Bäumen bedeckten. Der Durchzug und die Plünderung der französischen Truppen blieb dem Dorf somit erspart. Nur ein einziger Franzose  durchschaute das künstliche Dickicht, durchdrang es und entdeckte das einsam gelegene Walddörfchen. Als er ins Dorf kam, erschlugen ihn die Meusebacher, damit er sie nicht verraten konnte. Seine Leiche verscharrten sie im Wald und an der Stelle errichteten die Meusebacher später dieses Steinkreuz.

Noch heute erschreckt der Geist des Erschlagenen  nachts den vorüberziehenden Wanderer durch Lautes Stöhnen.

Soweit die Sage.

Nachdem uns ein Hinweisschild samt Ständer geklaut wurde, ergänzte ich den Text noch um die Zeilen:
Nicht davon erschrecken ließen sich im Januar 2000 dreiste Diebe, welche ein solches Schild wie dieses samt Aufsteller stahlen. Der Fluch des Erschlagenen möge sie treffen und weitere Täter abschrecken!

Das Steinkreuz ist natürlich noch viel älter, als in der Sage erwähnt. Es ist wahrscheinlich ein mittelalterliches Sühnekreuz.

Per Mail erhielt ich neulich dieses Gedicht vom Franzosenkreuz:

MEUSEBACHER SÜHNEKREUZ

Einst hat der Franzmann sieggewohnt
um einen Flecken Land geschont,
Den Meusebachern barg die List,
Ihr Dorf, das fern vom Wege ist.
Denn wo sich sonst der Pfad verzeigt,
Hat sich Gestrüpp zuhauf gezeigt,
Das sagt, hier lohnt sich Marsch noch Halt,
Denn hier ist nichts als öder Wald.

Doch einem ward die Klugheit Pech,
Er sah die List und meinte frech,
Es müsse was zu holen sein,
Schlöß man sich so mit Aufwand ein.
Er fand auch bald das erste Haus,
Dann war für ihn der Feldzug aus,
Denn Bauern, die die Plündrer leid,
Erschlugen ihn in kurzem Streit.

Kaum war die Leiche nachts verscharrt,
Hat sie ein böser Geist genarrt,
Und Christum riefen sie in Not,
Daß er bewach der Toten Tod,
Ein Sandsteinkreuz bedacht das Grab
Es sühn den Mord um Gut und Hab,
War er uns übel auch gesinnt,
So war er doch ein Christenkind.

Gern wollt der Deutsche sich befrein,
Grub noch ein Kreuz ins Steinkreuz ein,
Doch blieb der Tote unversöhnt,
Er geht umher und ächzt und stöhnt,
Gar manchen Wandrer schreckt sein Laut,
Daß er entflieht mit Gänsehaut,
Drum merke, ist die Welt verroht,
Fürcht dennoch Gott und sein Gebot.

c) Lammla, Uwe: Orlagau. Gedichte. Tannhäuserland. Erstes Buch. 2009. 95 S., 8 Zeichn. v. Iryna Lierheimer Quartus-Verlag Bucha bei Jena. ISBN 3-936455-73-2 Kartoniert 8,50 EUR www.lammla.de